Sonntag, 24. November 2013

Weggefährten (1/2)

Manche Leute denken in Meilensteinen, wenn sie Lebensphasen Revue passieren lassen. Ich hingegen denke dabei vor allem an Weggefährten. Mitmenschen, nicht selten Vorgesetzte, die mich mit ihrem Verhalten und ihren Aktivitäten beeinflusst, ja teils sogar geprägt haben. Im Rückblick bewerte ich alle Erfahrungen mit ihnen übrigens positiv, was während des realen Erlebens ganz sicher nicht immer der Fall war. Heute ist mir klar, dass ich von diesen Weggefährten entweder gelernt habe, wie man etwas (positiv) entwickelt, oder vorgeführt bekommen habe, wie man es besser nicht machen sollte. 

Rückblickend erscheinen mir die Begegnungen mit der Mehrzahl der Weggefährten nicht zufällig. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass sie aus gutem Grund zu einem bestimmten Zeitpunkt in mein Leben getreten sind. Sie haben mich gefördert und gefordert, genervt, erzürnt oder beschämt. Sie haben mir meine Grenzen aufgezeigt, mich motiviert und herausgefordert. Sie waren ungerecht, unfair oder haben mich - auch solche gab es - nach allen Kräften unterstützt. Heute verstehe ich, dass sie alle zusammen maßgeblich dazu beigetragen haben, dass ich der bin, der ich bin. 

Besonders stark nehme ich das im Nachhinein für die Phase meiner größten Veränderung war. Warum begegne ich gerade auf dem Höhepunkt meiner Verunsicherung und Unzufriedenheit mit der beruflichen Situation einem Coach? Und das auf einer privaten Feier mit Nachbarn. Warum tritt nur wenige Tage, nach dem ich für mich auf Basis der Erkenntnisse aus vier Coaching-Sitzungen entschieden hatte, meine Bankkarriere zu beenden, eine Frau in mein Leben, die mir eine Richtung für eine ganz entscheidende Weichenstellung für meine berufliche Zukunft empfiehlt?

Danke Axel - danke Alexandra!

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Der Exit

Mittwoch, 28. September 2011. Es ist kurz nach Zwölf. Ich sitze mit meiner Lieblingskollegin auf der Dachterrasse eines Duisburger Einkaufszentrums, genieße das Spätsommerwetter in vollen Zügen und fühle mich so frei und gelöst wie lange nicht mehr. Wenige Minuten ist es her, dass ich zum letzten Mal meine Bank verlassen habe; zur Arbeit werde ich sie nicht mehr betreten.

Der Vormittag war heftig. Nach 15 Monaten geprägt von Selbstzweifeln, innerer Zerrissenheit und Zukunftsängsten, aber auch Aufbruchstimmung, Neugier und Hoffnung auf Selbstbestimmtheit habe ich um 8:30 in den Räumen der Personalabteilung in Essen meinen Aufhebungsvertrag unterschrieben. Dann folgt der schwerste Gang: Um 9:00 turnusmäßige Teamsitzung. Meine direkten MitarbeiterInnen wissen, dass ich innerhalb der Geschäftsleitung einen schweren Stand habe, aber mit meinem unmittelbar bevorstehenden Exit können sie nicht rechnen. Ich habe keine Rede vorbereitet, will mich von meinen und den Emotionen meines Teams treiben lassen.
Ich fühle, dass ich einigermaßen verständlich vermitteln kann, was sich im letzten Jahr entwickelt hat, wie meine Gefühlslage war und ist und dass es nun für mich einfach keine andere Entscheidung mehr geben kann, als zu gehen. Es gibt Tränen, betretenes Schweigen, entsetzte Gesichter, aber nach einer Schockpause auch Verständnis, Aufmunterung und erste Versuche, sich auf die neue Situation einzustellen. Nach 45 Minuten ist der Spuk vorbei; das Schlimmste liegt hinter mir. Noch zwei Verabschiedungen in Oberhausen und Duisburg; zwischendurch eine Telefonkonferenz zur Information des Führungskreises. Um 12:00 ist es geschafft. Ich bin kein Banker mehr.

An dieser Stelle ist mir eins wichtig: 32 Jahre und 2 Monate habe ich für meine Bank gewirkt - es war eine tolle, sehr abwechslungsreiche Zeit. Ich weiß, was ich der Bank zu verdanken habe, aber auch, was sie mir zu verdanken hat. Wirkliche Herausforderungen konnte ich am Ende keine mehr erkennen, war dafür das Streiten, Diskutieren und Rechtfertigen mit und gegenüber Unwissenden, Machtbesessenen und Egomanen einfach nur leid.

Letztlich bin ich im Guten gegangen, habe meinen Weg gefunden und deshalb mit diesem Blog auch nichts mehr zu aufzuarbeiten. Mein großer Wunsch ist es, mit ihm vor allem diejenigen zu erreichen, die in vergleichbaren Situationen steckten oder aktuell verfangen sind und glauben, dass es keinen Ausweg gäbe. Es gibt immer einen alternativen Weg: Man braucht noch nicht einmal großen Mut (siehe Post #2) dazu, aber die richtigen Weggefährten. Dazu mehr beim nächsten Mal.

Donnerstag, 26. September 2013

M U T


Mut gibt es gar nicht. Sobald man überlegt, wo man ist, ist man schon an einem bestimmten Punkt.

Man muss nur den nächsten Schritt tun. Mehr als den nächsten Schritt kann man überhaupt nicht tun.

Wer behauptet, er wisse den übernächsten Schritt, lügt. So einem ist auf jeden Fall mit Vorsicht zu begegnen.

Aber wer den nächsten Schritt nicht tut, obwohl er sieht, dass er ihn tun könnte, tun müsste, der ist feig.

Der nächste Schritt ist nämlich immer fällig. Der nächste Schritt ist nämlich nie ein großes Problem. Man weiß ihn genau.

Eine andere Sache ist, dass er gefährlich werden kann. Nicht sehr gefährlich. Aber ein bisschen gefährlich kann auch der fällige nächste Schritt werden.

Aber wenn du ihn tust, wirst du dadurch, dass du erlebst, wie du ihn dir zugetraut hast, auch Mut gewinnen.

Während du ihn tust, brichst du nicht zusammen, sondern fühlst dich gestärkt. Gerade das Erlebnis, dass du einen Schritt tust, den du dir nicht zugetraut hast, gibt dir ein Gefühl von Stärke.

Es gibt nicht nur die Gefahr, dass du zuviel riskierst, es gibt auch die Gefahr, dass du zu wenig riskierst.


Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.



Martin Walser (* 1927 in Wasserburg, Bodensee, deutscher Schriftsteller) Aus: Lektüre zwischen den Jahren

Vorwort

Für die einen gibt es nichts Schöneres, für die anderen nichts Schlimmeres als Veränderung.

Für die einen ist das Neue besser, für die anderen schlechter, vielleicht aber auch nur anders oder genauso wertig wie das Alte.


In meinem Blog möchte ich hauptsächlich zu den Themen 'Veränderung' und 'Werte' reflektieren. Ich werde über persönliche Erfahrungen berichten, über eigene und die meiner Klienten.

Mein Wunsch: Allen, die wissen, dass Veränderung  e i g e n t l i c h  notwendig wäre, möchte ich Mut machen, sich auf den Weg zu begeben. Aus diesem Wunsch heraus ist auch der Titel meines Blogs entstanden: Der Weg legt sich unter die Füße des Laufenden.

Der Titel ist eine Umformulierung der letzten Zeile des Gedichtes 'MUT' von Martin Walser. Mit diesem Gedicht möchte ich meinen Blog eröffnen. Mit monatlichen Veröffentlichungen soll es dann weitergehen. Ich freue mich über Ihr Feedback.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Carsten Bollmann